Unzufriedenheit mit den politischen Zuständen und den privaten Lebensbedingungen führte im Frühjahr 1848 zu revolutionären Unruhen in den Staaten des Deutschen Bundes.

Trotz staatlicher Repression breiteten sich liberale und sozialistische Ideen immer stärker aus. Um die harten Arbeitsbedingungen zu verbessern, entstanden lokale Arbeitervereine. 1850 wurden diese Vereine verboten, später wieder erlaubt, so dass 1863 der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet werden konnte.

Kurz darauf entstand Weihnachten 1865 durch die Zigarrenarbeiter die erste gesamtdeutsche Gewerkschaft, der Allgemeine Deutsche Zigarrenarbeiter-Verein.

Deutschland stand Mitte des 19. Jahrhunderts im spannungsreichen Verhältnis von politischer Stagnation und wirtschaftlichem Aufbruch. Mit der Industrialisierung begann sich das agrarisch geprägte Land zu wandeln, die aufstrebende Industrie benötigte Arbeitskräfte, die vorrangig aus den ländlichen Regionen stammten. Die Früchte der Aufklärung zeigten sich aber nicht nur im technisch-wissenschaftlichen Fortschritt sondern waren auch auf gesellschaftlich-politischer Ebene zu spüren. Liberale und sozialistische Ideen breiteten sich aus, Reformen wurden von Bürgern, Handwerkern und Bauern gefordert. Es ging um Agrarreformen, um Gewerbeschutz und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen.

Diese Unzufriedenheit breiter Schichten, aber auch schlechte Ernten, begünstigten die blutigen Auseinandersetzungen, die 1848 das Land erschütterten. Zunächst erreichten die Revolutionäre, dass der preußische König Friedrich Wilhelm IV. sich für ein geeintes Deutschlands aussprach und eine konstitutionelle Monarchie in Preußen einführen wollte. Am 18. Mai tagte in Frankfurt am Main die erste frei gewählte Volksvertretung, die Nationalversammlung. Eine zentrale Forderung konnte erkämpft werden: Presse- und Versammlungsfreiheit. Damit konnten sich auch die Arbeiter in überregionalen Vereinen organisieren. Eine der größten dieser Organisationen war die Allgemeine Arbeiterverbrüderung, ein Zusammenschluss von 170 Arbeitervereinen.

Auch die bisher nur lokal organisierten Zigarrenarbeiter strebten nach einer überregionalen Interessenvertretung. So konnte noch 1848 die Assoziation der Zigarren-Arbeiter Deutschlands in Berlin gegründet werden. Wesentliche Programmpunkte waren Bildungsarbeit und Unterstützung der Mitglieder, aber auch die Forderung, ungelernte Frauen, Gefangene und Kinder dürften keine Zigarren herstellen. Ab 1849 erschien wöchentlich die „Concordia“, die Zeitung der Assoziation.

© Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand Ministerium des Innern 10736, Nr. 82.

Statut der Association der Cigarren-Arbeiter Deutschlands, 1849.

Bereits 1850 wurden mit der Niederschlagung der Revolution und der gewaltsamen Auflösung der Nationalversammlung 1849 Zugeständnisse rückgängig gemacht. In Preußen wurden alle Arbeitervereine verboten, weitere Staaten folgten. Die Zigarren-Arbeiterassoziation löste sich auf, einige der Unterstützungseinrichtungen bestanden aber weiter.

Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis die rigorosen Verbote gelockert und schließlich wieder Arbeitervereine gegründet werden konnten, so 1863 von Ferdinand Lassalle in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV).

Um die Forderungen der Zigarrenarbeiter nach Lohnerhöhungen durchzusetzen, kam es 1863 und 1865 zu Streiks. Es wurde offensichtlich, dass eine zentrale Organisation die Forderungen besser unterstützen konnte als kleine lokale Vereine.

Unter der Ägide des Vizepräsidenten des ADAV, des Leipziger Zigarrenmachers Friedrich Wilhelm Fritzsche, gründeten die Zigarrenarbeiter zu Weihnachten 1865 in Leipzig die erste gesamtdeutsche Gewerkschaft, den Allgemeinen Deutschen Zigarrenarbeiter-Verein.

© Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand Ministerium des Innern 10736, Nr. 82.

Statut des Allgemeinen Deutschen Cigarrenarbeiter-Vereins, 1865.