Die Gewerkschaften profitierten von der Solidarisierung der Arbeiter während des Sozialistengesetzes. Sie modernisierten sich weiter und lehnten auch Frauenarbeit nicht mehr kategorisch ab. Ihre Mitgliedszahlen waren 1890 höher als vor dem Sozialistengesetz.
Kühltechnik und Teigmaschinen veränderten die Arbeitswelt in den großen Betrieben der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. In den kleineren Fabriken oder im Handwerk herrschten weitaus schwierigere Bedingungen. Ein großes Thema für die Gewerkschaften war der Kost- und Logiszwang, der in der Gastronomie aber auch bei Bäckereien vorherrschte.
In der Gastwirtschaft und in Hotels gab es diese Technisierung nicht. Auch die Gastwirtsgehilfen organisierten sich gewerkschaftlich, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Gewerkschaften der Tabakarbeiter und die Böttcher waren die mit am besten funktionierenden Verbände. Sie leisteten Reiseunterstützung und der Tabakarbeiter-Verband führte eine Wöchnerinnenunterstützung ein.
Der Allgemeine Brauerverband verhandelte 1890 die erste schriftliche Vereinbarung mit Berliner Brauereien. 1892 folgte der erste Tarifvertrag mit Stuttgarter Brauereien. Die Buchdrucker, die 1896 den ersten Reichstarif abschließen konnten, mussten sich von anderen Gewerkschaften kritisieren lassen, da einige in Tarifverträgen Nachteile sahen.
1892 beschlossen die Arbeiter in der Nahrungsmittelindustrie auf dem Gewerkschaftskongress in Halberstadt, sich gegenseitig zu unterstützen. Die Delegierten beschlossen auch, dass es für Frauen keine separaten Organisationen geben sollten.
Ähnlich wie die Associationsfabrik der Berliner Zigarrenarbeiter führte 1892 eine Aussperrung von 3.000 Tabakarbeiter in Ottensen, Altona, Wandsbek und Hamburg zur Gründung der Tabakarbeitergenossenschaft.
Aus den katholischen Arbeitervereinen entwickelten sich in den 1890er Jahren die christlichen Gewerkschaften als dritte politische Richtung der Gewerkschaften. 1899 wurde der Verband christlicher Tabak- und Zigarrenarbeiter Deutschlands gegründet, 1900 folgte der Christliche Bäckerverband. Bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 waren knapp 27.000 Mitglieder in christlichen Gewerkschaften innerhalb der Nahrungs- und Genussmittelbranchen organisiert.
Wenn Verhandlungen nichts halfen, wurde gestreikt und Betriebe boykottiert. Beim Streik der Bäckergesellen in den - damals noch getrennten - Städten Hamburg, Altona und Wandsbek, der vom 23. Juni bis 20. September 1898 dauerte, war die zentrale Forderung, den Kost- und Logiszwang abzuschaffen und einen Arbeitsnachweis aufbauen zu dürfen.
Am 10. Mai 1904 traten die Berliner Bäcker- und Konditorgesellen in den Streik, der am 26. Mai endete. Dabei wurden auch Bäckereien und Konditoreien boykottiert. Ihre Forderungen, die vor allem auf die Abschaffung des Logiszwangs und auf die Festsetzung eines Mindestlohns zielen, wurden weitgehend erfüllt. Auch dieser Streik machte den Arbeiterinnen und Arbeitern deutlich, dass ihre Verbände zu zersplittert waren und es besser wäre, die Organisationen zu verbinden. 1907 vereinigten sich die Bäcker- und Konditorengewerkschaften zum Verband der Bäcker, Konditoren und Berufsgenossen.
Es folgten 1910 die 10.000 freigewerkschaftlich organisierten Mühlenarbeiter und verbanden sich mit den Brauerkollegen. Das ebenfalls 1910 erlassene Stellenvermittlungsgesetz regelte reichsweit, dass Arbeitsvermittlungen genehmigt werden mussten. So wurden daraufhin unter Beteiligung der Gewerkschaften Arbeitsnachweise paritätisch eingerichtet.