Der 1903 gegründete Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften schloss mit den Gewerkschaften Tarifverträge ab, die für alle Betriebe im Deutschen Reich galten und nahm damit eine Pionierrolle ein. Der erste dieser Reichstarifverträge wurde 1904 mit dem Verband der Bäcker und Berufsgenossen vereinbart. Er sah einen Acht-Stunden-Tag für Schichtbetriebe vor, eine Woche Urlaub mit Lohnfortzahlung und u.a. Verbesserungen bei der Ventilation, sowie den Einbau von Toiletten und Sitzbänken in den Speiseräumen.

1903 begann der Verband der Bäcker und Berufsgenossen mit den Verhandlungen über einen Tarifvertrag für Backmeister und Bäcker in Konsum- und Genossenschaftsbäckereien.

Auf dem ersten Ordentlichen Genossenschaftstag des Zentralverbands der deutschen Konsumvereine, der am 13. und 14. Juni 1904 in Hamburg stattfand, hielt der Verband Sonderberatungen mit den 44 Konsumvereinen über den Tarifentwurf. Kritisiert wurde auf diesen Beratungen, dass der Entwurf bei den Konsumbäckereien "nach Schema F" 25 Prozent mehr Lohn verlangen würde als in Privatbäckereien. Außerdem fanden die Genossenschaftsvertreter, dass die Gewerkschaften dann mehr für die Konsumvereine werben sollten, wenn sie von ihnen verlangten, bessere Löhne als die Privatwirtschaft zu zahlen. Nach reger Debatte votierten 20 Vereine für den Entwurf, 16 dagegen und zwei enthielten sich.

Ab 1. August 1904 war der Tarifvertrag gültig. Er galt für alle Genossenschaften, die beim Zentralverband Mitglied waren. Trotzdem mussten die einzelnen Konsumgenossenschaften zustimmen. Dieser Vertrag galt reichsweit.

Bis 1906 hatten 67 Genossenschaften mit 118 Bäckern den Tarif anerkannt und durchgeführt, dagegen blieben 127 Genossenschaften mit 613 beschäftigten Bäckern außerhalb der Tarifgemeinschaft.

 

Bericht in der Deutschen Bäcker-Zeitung über die Verhandlungen zum Tarifvertrag. Nr. 10, 25. Juni 1904.

In diesem Vertrag wurde unter anderem eine achtstündige tägliche Arbeitszeit inklusve einer Essenspause von 20 Minuten beim wöchentlichen Wechsel der Schichten vereinbart.

Im Verband der Bäcker und Berufsgenossen waren 1903 nur 5.665 Beschäftigte Mitglied. Für viele kleinere Konsumvereine stellten vor allem die Höhe der vereinbarten Löhne und die Arbeitszeit eine Belastung dar.

Oskar Allmann zitierte den Arbeit- und Lohntarif von 1904 im zweiten Band seiner "Geschichte der deutschen Bäcker- und Konditorenbewegung".