Auch in der Weimarer Republik blieben Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht aus. Für die Interessen der Tabakarbeiter kämpfte dabei der Deutsche Tabakarbeiter-Verband (DTAV), dem Ende 1925 58.258 Mitglieder angehörten. Vorsitzender war seit 24 Jahren der Bremer Karl Deichmann (1863–1940), ein engagierter Gewerkschafter und SPD-Politiker. Auf Seiten der Arbeitnehmer versuchten in einem harten Arbeitskampf 1924 die Zigarrenfabrikanten, einen Schiedsspruch zu Lohnerhöhungen zu verhindern. Der Schlichterspruch sah eine Lohnerhöhung im ganzen Reich vor. Doch der Reichsverband Deutscher Zigarrenhersteller lehnte den Schiedsspruch ab. Gemeinsam mit dem Zentralverband christlicher Tabakarbeiter verhandelte der Deutsche Tabakarbeiter-Verband vergeblich mit den Arbeitgebern.

Nach den gescheiterten Verhandlungen verkündete der Reichsverband als Vertreter der ihm angeschlossenen Unternehmen am 31. März 1927 allen Arbeitnehmern der Zigarrenindustrie die Aussperrung und Kündigung. Dies war aufgrund der gesetzlichen Regelungen möglich. Damit verboten die Unternehmer den Beschäftigten, die Fabriken oder Werkstätten zu betreten.

Die entlassenen Arbeiter sollten schnell durch Arbeitslose ersetzt werden. Beim Deutschen Tabakarbeiter-Verband war man kampfentschlossen und rief seine Mitglieder auf: „Jetzt müssen alle Verbandsmitglieder auf die Schanzen! Jeder muß ein Agitator und Organisator sein! Niemand darf rückständige Beiträge haben! Alle müssen ihre volle Pflicht und Schuldigkeit tun!“

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Generalaussperrung in der Zigarrenindustrie am Ostersonnabend, Tabak-Arbeiter, Organ des Deutschen Tabakarbeiter-Verbandes, 9. April 1927.

Es kam zu einer erneuten Schlichtung, deren Ergebnis aber geringere Lohnerhöhungen als von den Gewerkschaften gefordert versprachen. Der neue Schiedsspruch wurde vom Reichsarbeitsministerium für verbindlich erklärt.

Und so eskalierte der Streit im Laufe des Jahres 1927 weiter und es kam zu Arbeitsniederlegungen. Der Reichsverband beschloss daraufhin Ende Oktober 1927 eine weitere Aussperrung, diesmal waren davon 80.000 Zigarrenarbeiter betroffen. Der Deutsche Tabakarbeiter-Verband schrieb in seiner Zeitung: „Der RDZ [der Reichsverband Deutscher Zigarrenhersteller] will den Kampf, der Hunger soll sein Verbündeter sein.“

Angesichts der klammen Haushaltslage schaltete sich die Regierung ein. Um der Staatskasse die Zahlung der Arbeitslosenunterstützung, die gerade im Sommer 1927 im Deutschen Reich eingeführt worden war, an die nicht organisierten Arbeiter zu ersparen, forderte die Regierung eine baldige Einigung. Außerdem zeigten sich nicht ausgesperrte Mitglieder mit den Ausgesperrten solidarisch und verdoppelten ihren Mitgliedsbeitrag, um die Belastung für den Deutschen Tabakarbeiter-Verband zu verringern. Zudem verkündete der ADGB, dass „Bundeshilfe“ gewährt würde. Damit wurde den Arbeitgebern deutlich zu erkennen gegeben, dass der Deutsche Tabakarbeiter-Verband bei diesem Konflikt nicht aus Geldmangel aufgeben musste. So begannen im November 1927 erneut Verhandlungen zwischen dem Reichsverband und den Gewerkschaften. Als Ergebnis wurde eine von beiden Seiten akzeptierte Lohnerhöhung von zehn Prozent vereinbart.