Mit den Leipziger Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 begann die friedliche Revolution in der DDR. Auch in den DDR-Gewerkschaften wurden Reformen diskutiert. Als die Wiedervereinigung Deutschlands beschlossen war, half die NGG-West ihrer Schwestergewerkschaft in der DDR beim Aufbau eigener Verwaltungsstellen und auch bei Tarifverhandlungen.

© Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten

Eröffnung des 11. Gewerkschaftstages der NGG in Hamburg am 17. September 1990. Es sprachen u.a. Erich Herrmann, Vorsitzender der NGG, und Heinz Werner Meyer, Vorsitzender des DGB.

Seit 1985 hatte Michail Gorbatschow, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, mit Glasnost und Perestroika Reformen in Partei und Öffentlichkeit eingeleitet. Die DDR-Regierung und SED-Parteispitze unter Erich Honecker lehnte dagegen Reformen ab. Die wachsende Unzufriedenheit, auch über die Fälschungen bei der Kommunalwahl im Mai 1989, führte im Sommer 1989 zur massenhaften Flucht der DDR-Bürger über Ungarn und Prag in die Bundesrepublik. Im Herbst 1989 kam es zu den ersten Montagsdemonstrationen in Leipzig, auf denen Meinungsfreiheit und Mitbestimmung gefordert wurden.

Nach der Ablösung Erich Honeckers und dem Fall der Berliner Mauer wurde der zentrale „Runde Tisch“ ins Leben gerufen, an dem Regierung und Opposition gemeinsam drängende politische Fragen besprachen. Auch der FDGB, der Gewerkschaftsbund in der DDR, musste sich den Diskussionen stellen. Die Einzelgewerkschaften in der DDR waren nach außen kaum sichtbar, die Zugehörigkeiten anders als in der Bundesrepublik organisiert. So waren die Beschäftigten der Nahrungs- und Genussmittelindustrie gemeinsam mit denen des Einzelhandels zusammengeschlossen.

Am 3. Dezember 1989 wurde der Vorsitzende des FDGB, Harry Tisch, verhaftet und später wegen Untreue angeklagt. Am 6. Dezember demonstrierten 2.000 Gewerkschafter vor dem FDGB-Gebäude in Berlin und forderten eine Erneuerung der Gewerkschaften und die Teilnahme am „Runden Tisch“. Wenige Tage später trat der gesamte FDGB-Bundesvorstand zurück. Der neue Vorstand stimmte u.a. für die Bildung von autonomen Industriegewerkschaften.

Auf der Außerordentlichen Delegiertenkonferenz vom 27./28. Januar 1990 konstituierte sich die Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss als selbstständige Gewerkschaft.

Nach der Volkskammerwahl im März 1990 arbeiteten die Gewerkschaften in Ost und West eng zusammen, um die im Juli anstehende Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion der beiden deutschen Staaten mit vorzubereiten.

Damit die Branchenvertretung dem westlichen Modell entsprach, wurde am 23. Juni 1990 beschlossen, die Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss zum 30. Juni 1990 aufzulösen und an ihrer Stelle die beiden Gewerkschaften Handel, Banken und Versicherungen der DDR und Nahrung, Genuss, Gaststätten der DDR zu bilden. Die Mitglieder wurden aufgefordert, einer der beiden Nachfolgeorganisationen beizutreten.

Bereits im September 1990 konnte die NGG einen West-Tarifvertag auf eine DDR-Branche übertragen: Sie vereinbarte mit dem Sächsischen Brauerbund eine Erhöhung des Monatslohns um 100,00 DM. Vom 17. bis 21. September 1990 fand der 11. Gewerkschaftstag der NGG in Hamburg statt. Mit dabei waren auch die Gewerkschafter aus der DDR. Auf diesem Gewerkschaftstag wurde auch das 125. Jubiläum der NGG gefeiert.

Die NGG (DDR) sollte zum 1. Dezember 1990 aufgelöst werden. In der Zwischenzeit waren 15 Verwaltungsstellen aufgebaut und über 140 Tarifverträge abgeschlossen worden.

Am 20. November 1990 entschieden parallel der Beirat der NGG und der Gewerkschaftsrat der NGG (DDR) die Vereinigung beider Gewerkschaften zum 1. Dezember 1990.