Hans Nätscher, geboren 1896, begann seine gewerkschaftliche Laufbahn 1920 als Sekretär beim Zentralverband der Fleischer. Der Sozialdemokrat verlor diese Position 1933 und half nach dem Krieg beim Wiederaufbau der Gewerkschaften. Bei der NGG war er Hauptausschuss-Vorsitzender (1949-1951) und 1. Vorsitzender des Geschäftsführenden Hauptvorstandes (1951-1962). Außerdem engagierte er sich in der IUL und wurde erster deutscher Präsident (1958-1964). Hans Nätscher verstarb 1980.

Hans Nätscher wurde am 13. November 1896 in Lohr am Main geboren. Zwischen 1910 und 1913 absolvierte er eine Fleischerlehre in Würzburg, während der er unter den harten Arbeitsbedingungen mit Arbeitszeiten von bis zu 20 Stunden am Tag und regelmäßigen Prügelstrafen litt.

Nätscher wurde 1914 Mitglied der SPD und des Zentralverbandes der Fleischer, einem der NGG-Vorläufer. Nach dem Dienst als Soldat im Ersten Weltkrieg kehrte er nach Würzburg zurück und begann dort 1920 seine Karriere als Gewerkschafter. Zunächst übernahm er den ehrenamtlichen Vorsitz der Ortsverwaltung, wurde schnell zum Bezirksleiter Nord-Bayern und ging daraufhin nach Nürnberg, um beim Zentralverband der Fleischer als Gewerkschaftssekretär zu arbeiten.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor Nätscher diese Position und wurde kurz nach dem 1. Mai 1933 verhaftet. Als ehemaliger Gewerkschafter und Sozialdemokrat verbrachte er bis 1936 die meiste Zeit in Schutzhaft in Nürnberg. In den folgenden Jahren schlug sich Nätscher mit verschiedenen Tätigkeiten durch, wurde 1939 von der Wehrmacht eingezogen, aber bereits 1940 wieder entlassen, um beim Technischen Notdienst als Totengräber zu arbeiten.

Nach Kriegsende beteiligte er sich am Wiederaufbau der Gewerkschaften. Im Jahr 1946 wurde Nätscher Sekretär der Konsumgenossenschaft Nürnberg-Fürth. 1947 war er maßgeblich an der Gründung der NGG Bayern beteiligt und wurde zu deren Hauptausschuss-Vorsitzenden. Dieselbe Position übernahm er bei der 1949 neu gegründeten westdeutschen NGG.

Als Vorsitzender des Hauptausschusses war er einer der schärfsten Kritiker des 1. Vorsitzenden des Geschäftsführenden Hauptvorstandes, Ferdinand Warnecke, der mit seinen Plänen zur Zentralisierung der Gewerkschaftsstruktur auf starken Gegenwind stieß. Auf dem 1. Ordentlichen Gewerkschaftstag der NGG in Stuttgart wurde Hans Nätscher dann im Mai 1951 zu dessen Nachfolger gewählt.

© NGG

Ausschnitt aus dem Film zum 2. Ordentlichen Gewerkschaftstag der NGG in Hamburg, Gewerkschaftshaus, 14. bis 18. September 1954 mit einer Rede von Hans Nätscher.

Während seiner Zeit als Vorsitzender der NGG äußerte er sich auch immer wieder zu politischen Themen. Nätscher vertrat die Auffassung, dass Gewerkschaften trotz der grundsätzlichen Neutralität auch politisch aktiv sein sollten. So veröffentlichte er, nicht zuletzt motiviert durch seine persönlichen Erfahrungen im Nationalsozialismus, eine monatliche Kolumne in der Einigkeit mit dem Titel „Augen rechts!“, in der er vor den Gefahren aus dem rechten politischen Lager warnte.

Neben seiner Tätigkeit für die NGG engagierte sich Nätscher auch bei der Internationalen Gewerkschaftsföderation IUL, in deren Vorstand er ab 1951 saß. Er wurde 1958 zum ersten deutschen Präsidenten der IUL gewählt.

Im Jahr 1962 verzichtete Hans Nätscher aus Altersgründen auf eine weitere Kandidatur als Vorsitzender der NGG. Die Präsidentschaft der IUL legte er 1964 nieder, blieb aber danach noch Ehrenpräsident. Er blieb der Gewerkschaft jedoch auch im Ruhestand noch verbunden. Nätscher starb am 28. Februar 1980 in Marktheidenfeld.

© Bundesarchiv Berlin DY 42/1446

Tagesordnung und Auszug aus dem Protokoll der 1. Zentraldelegiertenkonferenz der Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss der DDR am 25. bis 27. September 1959 in Görlitz. Heinz Franke vom Schlachthof Leipzig hielt auf dieser Konferenz ein Referat, welches in diesem Dokument markiert ist. Franke erwähnte in seiner Rede seine Kontakte zur NGG in Hamburg und berichtete davon, dass niemand von der NGG mit ihm sprechen wollte. Heinz Franke hatte an "Kollegen Nadger" zwei Briefe geschrieben, auf die er keine Antwort erhielt. Mit "Kollegen Nadger" ist Hans Nätscher gemeint.