Martha Zallin, geborene Lux, wurde am 1. Februar 1899 in Zallenfelde, Kreis Preußisch-Holland (Ostpreußen), geboren. 1913 begann sie ihre Ausbildung als Wickelmacherin bei Loeser & Wolff in Elbing in Westpreußen. 1924 zog sie nach Hamburg. Dort arbeitete sie gelegentlich in Heimarbeit, manchmal auch auswärts, wie z. B. in der Zigarrenfabrik Otto Enders, Hamburg, und auch bei der Zigarettenfabrik Reemtsma. Sie war Mitglied im Deutschen Tabakarbeiter-Verband.

© Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, Gisela Utsch und Hans-Kai Möller

Tonaufnahme des Interviews mit Martha Zallin, 1983.

 

Martha Zallin berichtete im Interview 1983, dass es bei Loeser & Wolff in Elbing Sortierer gab, die den Tabak auf Farbe und Gleichheit sortierten. Die Stängel mussten so sortiert werden, dass alle gleich auflagen. Die Farbe der Tabakblätter unterschied sich auch, so gab es z. B. unterschiedliche Blautöne, die sortiert werden mussten (sogenannte "Fehlfarben", die dann billiger verkauft wurden). Dann gab es Wickelmacher, die die Wickel herstellten, die den vom Um- und Deckblatt umgebenden Wickel herstellten.

Die Löhne von Sortierern und Wickelmachern waren ungefähr gleich. Wickelmacher arbeiteten aber in Akkord. Für 1000 Stück bekam man ca. 2,68 Mark. Dafür benötigte man ca. 1 1/2 Tage. Fast 600 mussten am Tag geschafft werden, um gutes Geld zu verdienen. So verdiente man 10 bis 12 Mark in der Woche, jedoch bei 60 Stunden pro Woche, von Montag bis Samstag. Morgens um 7 Uhr begann die Arbeit und dauerte bis mittags um 12 Uhr, anschließend gab es zwei Stunden Pause, in denen man nach Hause gehen konnte. Um 14 Uhr kehrte man an seinen Arbeitsplatz zurück und arbeitete weiter bis abends um 18.30 oder 19 Uhr.

Es wurde Kaffee für die Mitarbeiter geliefert, der aber nicht umsonst war. 5 Pfennig kostete ein Pott, den man sich selber mitbringen musste. Mittagessen gab es nicht, dafür konnte man in der Mittagspause nach Hause gehen. Trinken wurde für die Beschäftigten zur Verfügung gestellt, im Sommer wurde sogar ein Extragetränk hingestellt, wie z.B. Zitronensaft, der kostenfrei war.

Außerdem konnten die Mitarbeiter in den Sommermonaten einen speziellen Schein für 5 Pfennig kaufen, mit dem man in die Badeanstalt gehen konnte. Bei Loeser & Wolff gab es für die Beschäftigten auch Betriebs- und Zahnärzte. Die Beschäftigten waren zudem in einer Betriebskrankenkasse versichert. Eine Invalidenversicherung durften die Arbeitnehmer aber haben, wobei ein Teil die Arbeitnehmer zahlten und ein Teil vom Arbeitgeber übernommen wurde.

Während der Novemberrevolution 1918 drangen Kieler Matrosen in die Fabrik in Elbing ein und jagten alle Angestellten hinaus, bereits am nächsten Tag konnte aber weitergearbeitet werden. Kurze Zeit später begann die Gewerkschaftsbewegung und die Arbeitszeit wurde auf 50 Stunden pro Woche verringert.

Die Gewerkschaften hielten Vorträge, z. B. in Lokalen, und warben für einen Eintritt in die Gewerkschaft. Frau Zallin trat daraufhin zusammen mit ihrem Verlobten in die Gewerkschaft ein. Dann heirateten beide und zogen gemeinsam nach Hamburg.