Während in der sowjetisch besetzten Zone gleich ein Dachverband, der FDGB, neben Industriegewerkschaften, entstand, gründeten Gewerkschafterinnen und Gewerkschaften in den drei Westzonen zunächst Branchenverbände. Im Mai 1949 vereinigten sich die westdeutschen Gewerkschaften der Nahrungsmittelindustrie zur IG Nahrung Genuß Gaststätten.

In der Sowjetzone erlaubte der Befehl Nr. 2 vom 10. Juni 1945 die Gründung von Parteien und Gewerkschaften. Es entstand dann der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) in Berlin. Ebenfalls im Juni 1945 wurde hier der Verband der Nahrungs- und Genußmittelarbeiter neu gegründet. Maßgeblich daran beteiligt war Fritz Saar. Er hatte seine Haft in Brandenburg überlebt. Ursprünglich sollte Alfred Fitz Vorsitzender des Verbandes werden, dieser war aber wie Saar auch Sozialdemokrat. Letztlich fiel die Wahl für den Posten des 1. Vorsitzenden auf Jacob Schloer (1888-1956), einer der Kommunisten, die beim ZVHCR mit Paul Merker aktiv waren und gegen Fritz Saar und die „opportunistische Sozialdemokratie“ gekämpft hatte. Fritz Saar wurde dann wegen der SPD-KPD-Parität 2. Vorsitzender. Am 30. September 1945 hatte der Verband 8.543 Mitglieder.

Im Oktober 1945 entstanden in Bremen und Hamburg der Verband für die gesamte Tabakindustrie als Nachfolger des DTAV, der Zentralverband der Hotel-, Restaurant- und Caféangestellten und der Verband der Nahrungsmittel- und Getränkearbeiter. Damit waren die freigewerkschaftlichen Organisationen revitalisiert worden. Ferdinand Husung, der ehemalige Vorsitzende des DTAV, erklärte, dass Tabakarbeiter und Nahrungsmittel- und Getränkearbeiter nichts miteinander gemein hätten.

In den westlichen Zonen existierten in vielen Orten Einheitsgewerkschaften wie die branchenübergreifenden Allgemeinen Gewerkschaften und Industriegewerkschaften neben einander.

Im April 1946 beschloss der Alliierte Kontrollrat das Betriebsrätegesetz, ein knappes Rahmengesetz. Es erlaubte die Gründung von Betriebsräten, ordnete diese aber nicht verbindlich an. Die Gewerkschaften sollten mit den Betriebsräten zusammenarbeiten. Es war ihnen auch gestattet, die Betriebsratswahlen vorzubereiten. Damit hatten sie einen viel größeren Einfluss als nach dem letzten Betriebsratsgesetz von 1920.

In Bayern erlaubte die amerikanische Militärregierung im Mai 1946 den landesweiten Zusammenschluss der bislang lokalen Gewerkschaften. Im Februar 1947 fand unter dem Vorsitz von Hans Nätscher (1896-1980) und Georg Fiederl der Verbandstag statt und der Name wurde in Industriegewerkschaft Nahrung-Genußmittel-Gaststätten geändert. 

In der britischen Zone konstituierte sich – nach langen Debatten mit dem Verband für die gesamte Tabakindustrie - 1947 in Hamburg die IG Nahrung Genuß Gaststätten mit knapp 100.000 Mitgliedern und Gustav Pufal (1895-1950) als ersten Vorsitzenden.

In ihr waren neben den Verbänden der Nahrungs- und Genussmittel-Beschäftigten auch die zuvor selbstständigen Gewerkschaften der Tabakarbeiter und der Hotel-, Restaurant- und Caféangestellten vereinigt.

Nach der Vereinigung von SPD und KPD in der sowjetisch besetzten Zone zur SED entstand die kuriose Situation, dass in Berlin die SPD weiterbestand. Im Oktober 1946 fanden hier Wahlen statt, die SPD errang 48 Prozent und Oberbürgermeister wurde der Sozialdemokrat Dr. Otto Ostrowski. Die SED nannte diese Wahl „Hottentottenwahl“. Gegen die Versuche des FDGB, die IG Nahrung und Genuß unter die parteipolitischen Ziele der SED zu stellen, opponierten Sozialdemokraten. Einige Sozialdemokraten wie etwa Fritz Saar wurden aber Mitglied der SED. Die Opposition wollte eine Spaltung des FDGB vermeiden, jedoch spitzte sich der Konflikt im Laufe des Jahres 1948 zu. Am 16. Juni 1948 verließ die sowjetische Delegation die Alliierte Kommandantur in Berlin. Im November 1948 wurde ein Magistrat für Ostberlin gebildet. Damit war die Spaltung der Stadt bereits Jahre vor dem Mauerbau politisch erfolgt. An den FDGB-Delegiertenwahlen im Frühjahr 1948 nahm die Opposition teil und errang die Hälfte der Mandate. Ihr wurden aber 100 Mandate vom FDGB aberkannt, daraufhin rief die Opposition zu einer eigenen Maifeier vor dem Reichstag auf. 150.000 Menschen nahmen daran teil. Die Unabhängige Gewerkschafts-Organisation (UGO) entstand als separate Organisation am 5. Mai 1948. Neben sechs anderen Gewerkschaften war auch die IG Nahrung Genuß Gaststätten dabei.

Kurz vor Gründung der Bundesrepublik vereinigten sich die Gewerkschaften mit 224.559 Mitgliedern aus den drei westlichen Zonen im Mai 1949 in München zur IG Nahrung Genuß Gaststätten. Die Gewerkschaft Nahrung Genuß Gaststätten der UGO Berlin hatte einen Verschmelzungsantrag mit der neu gegründeten IG gestellt. Auf dem Gründungskongress wurde aber nur über eine Arbeitsgemeinschaft positiv abgestimmt. Weiterhin diskutierten die Delegierten, wo denn nun der Sitz der neuen Gewerkschaft sein sollte. Hamburg war vom vorbereitenden Ausschuss vorgeschlagen worden. Es ging dann um den Zuständigkeitsbereich und die Tagungsteilnehmer beschlossen, ausdrücklich die Konsumgenossenschaften in die Satzung hineinzuschreiben. Große Debatten gab es auch zur quasi Genehmigungspflicht bei Streiks und auch Tarifverträgen. Es wurde diskutiert, ob die Oberhoheit bei der Hauptverwaltung oder den Landesleitungen liegen solle. In einer Resolution forderte der Verbandstag auch die Abschaffung der Nacht- und Sonntagarbeit im Bäcker- und Konditorengewerbe. 156 Delegierte wählten Gustav Pufal zum ersten, Ferdinand Warnecke (1898-1958) zum zweiten Vorsitzenden. Schatzmeister wurde Herbert Stadelmaier. Außerdem entschieden sie sich für Hamburg als Verwaltungssitz.

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Protokoll über die Verhandlungen des Vereinigungs-Gewerkschaftstages der Industriegewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten für das Gebiet der amerikanisch, britisch und französisch besetzten Zonen Deutschlands in München vom 24. bis 26. Mai 1949.